DEUTSCHES ARCHIV
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
R ü c k b l i c k


„So­viel Anmaßung von sei­ten der Bür­ger ist mir in mei­nem Ho­hen Amt noch nie zu­ge­mu­tet wor­den!“ muß es da den er­schreck­ten Hoch­wür­den durch­zuckt ha­ben.

„Da will mir ei­ne da­her­ge­lau­fene Ju­gend­or­ga­ni­sa­tion sa­gen, was ich ge­fäl­ligst zu tun und zu las­sen ha­be!
Das weiß ich selbst, was ich zu tun und zu las­sen ha­be!“

„Die soll­ten mal mei­nen Ter­minkalen­der se­hen: voll von vor­ne bis hin­ten!
Au­ßer­dem ha­be ich per­sön­lich über mei­ne Zeit die al­ler­we­nig­ste Kon­trol­le.“

„Für mei­ne Ter­minpla­nung exis­tiert ein gan­zer Stab von Spe­zi­a­lis­ten! Ich kann froh sein, wenn ich es schaf­fe, die Re­den zu­sam­menzu­schrei­ben, die ich über­all hal­ten muß – vom Bot­schaf­ter des Lan­des X bis zum Klein­gärt­nerver­ein in der Stadt Y.
Im­mer schön Männ­chen ma­chen! Ja nichts Ver­kehr­tes sa­gen! Nir­gends ane­cken! Im­mer Har­mo­nie ver­brei­ten! Das kos­tet Ner­ven!
Da­bei in­te­res­siert mich das Land X nicht ein­mal!“

„Und wenn ich die vie­len schwit­zen­den Hän­de beim Em­pfang drü­cken muß, dann bin ich der ein­zi­ge, der an­dau­ernd ste­hen blei­ben muß – wäh­rend al­le an­de­ren sich ih­re Hän­de wa­schen kön­nen und da­bei auch noch den­ken, der Schweiß käme von mei­ner Hand!
Da­bei han­delt es sich um die Ausdünstung von über 60 Vor­gän­gern!“

„Und der Kleingar­tenver­ein in­te­res­siert mich noch viel we­ni­ger!
Für ei­nen klei­nen Gar­ten ha­be ich we­der Zeit noch kann ich mir in mei­nem ho­hen Amt ein Schrebergar­tenda­sein leis­ten – auch wenn ich mich öf­ters ger­ne mal in ei­ne klit­ze­klei­ne lau­schi­ge Ecke ver­drü­cken wür­de, wie dies je­der an­de­re an­stän­di­ge Mensch doch kann – oder bin ich et­wa nicht an­stän­dig?“

„Selbst­ver­ständ­lich bin ich für Men­schen­wür­de! Ich re­de ja an­dau­ernd über al­le die­se Din­ge!
Und wenn man ein­mal von der auf­dring­lichen Art die­ser jun­gen Leu­te ab­sieht, dann ren­nen sie bei mir per­sön­lich ja ei­gent­lich of­fe­ne Tü­ren ein.“

„Ich bin doch nicht dumm! Ich weiß auch, daß das pro­fes­si­o­nel­le po­li­ti­sche Amt den Ma­kel der de­mo­kra­ti­schen Kor­rup­tion an sich hat.
Wer hat mich denn in mein Amt ge­bracht?

Gu­te Ver­bin­dun­gen zur Kir­che – bes­ser ge­sagt: zu bei­den Kir­chen!
Ein­tritt in die Par­tei! Und dann der Auf­stieg! Und schließ­lich sit­ze ich hier in mei­nem Amt und kann mich nicht nach links und rechts be­we­gen.“

„Was mir die Dienst­vor­schrift nicht vor­schreibt, das schreibt mir mein Par­teibuch vor, denn die Par­tei hat mich ja für mein Amt vor­ge­schla­gen und über ih­re Ab­ge­ord­ne­ten in mein Amt er­ho­ben – na­tür­lich zu­sam­men mit der Koa­li­tion und selbst­ver­ständ­lich nach Rückspra­che mit der Kir­che.“

„Und wer hat mei­ne Par­tei fi­nan­ziert und ihr die po­li­ti­sche Macht erst er­mög­licht? Na, wer wohl?
Die Kir­che – dies­mal in Öku­me­ne, weil mei­ne Par­tei ja mit bei­den so gut kann – bei al­ler an­geb­li­chen Pro­fil­lo­sig­keit: ei­ne stramme Leis­tung!“

„Aber ge­ra­de we­gen die­ser gan­zen Um­stän­de kann, darf und will ich mich bei der Sa­che die­ser Ju­gend­or­ga­ni­sa­tion nicht en­ga­gie­ren.“

„Ein De­mo­kra­ti­sie­rungs­pro­zeß auf sei­ten der Bür­ger rückt al­lei­ne schon sol­che Din­ge wie „Volks­ent­scheid“ ins po­li­ti­sche Le­ben und viel­leicht gar in den po­li­ti­schen All­tag – da bleibt das po­li­ti­sche Fach und die po­li­ti­sche Sach­kennt­nis: da bleibt letzt­lich der po­li­ti­sche Pro­fi auf der Stre­cke.“

„Bis jetzt kann der Bür­ger im­mer nur das ei­ne wäh­len oder das an­de­re: die evan­ge­li­sche Kir­che über die SPD oder die ka­tho­li­sche Kir­che über CDU und CSU oder bei­de Kir­chen über mei­ne Par­tei, die F.D.P. – in­so­fern kann es mir in mei­nem Amt völ­lig egal sein, wen die Bür­ger wäh­len; denn mei­ne Par­tei geht ja oh­ne­hin im­mer mit dem Ge­win­ner!“

„Das ist ja ge­ra­de der Witz des po­li­ti­schen Ge­schäf­tes! Des­we­gen sind wir – in un­se­rer Par­tei – ja auch die in­tel­li­gen­tes­ten Po­li­ti­ker!
Im po­li­ti­schen Ge­schäft im­mer ganz oben!“

„Aber ein Volks­ent­scheid macht auch un­ser po­li­ti­sches Ge­schäft un­kon­trol­lier­bar! Das wür­de man bis in die Bör­se hin­ein spü­ren!
Nie­mand weiß ja, zu was die Mas­se Volk mor­gen fä­hig ist, wenn sie mal ge­fragt wird!“

„Dar­in sind wir uns ja auch al­le ein­ig! Je­der ein­zel­ne pro­fes­si­o­nel­le Po­li­ti­ker, je­de un­se­rer drei Par­tei­en und die bei­den Kir­chen: der Bür­ger darf erst gar nicht ge­fragt wer­den! Der Rest wird über die Ab­ge­ord­ne­ten un­se­rer Par­tei­en und die bei­den Kir­chen ge­re­gelt!
Da­für ha­ben wir doch die par­la­men­ta­ri­sche De­mo­kra­tie!“

„Nein, die­se wahn­wit­zi­ge Ju­gend­or­ga­ni­sa­tion darf kei­ne Zu­kunft ha­ben!
Die bringt zu­viel Un­ru­he in un­ser po­li­ti­sches Ge­schäft, zu vie­le un­kon­trol­lier­ba­re Un­si­cher­heits­fak­to­ren!“

„Schließ­lich weiß dann nie­mand mehr, was der Mor­gen bringt und ob man über­mor­gen dann noch in sei­nem Amt ist!
Wenn der Bür­ger erst mal er­kennt, daß er uns be­zahlt und daß er des­halb auch das Recht hat, mit uns zu spie­len, wie er will, dann über­le­ben von uns nur noch die mit den bes­ten Ner­ven!“

„Bes­ser der Bür­ger kommt erst gar nicht an uns her­an!
Wach­pos­ten, Sta­chel­drahtzäune usw. ha­ben wir ja be­reits!
Und der Ge­dan­ke, daß der Bür­ger nun auf de­mo­kra­ti­sche Wei­se an uns her­an­kommt und uns in un­se­ren täg­li­chen Ent­schei­dun­gen in sei­nen Griff be­kommt, darf in der Öf­fent­lich­keit gar nicht erst Fuß fas­sen!“

„An die Tat­sa­che, daß durch die Eta­blie­rung von Aus­bil­dungs­pro­gram­men in der frei­en Ge­wis­sens- und Wil­lens­bil­dung al­le bis­he­ri­gen fes­ten ideo­lo­gi­schen oder re­li­gi­ö­sen Vor­stel­lun­gen in den Hin­ter­grund ge­drängt wer­den und nur noch das spon­ta­ne Volks­emp­fin­den die gro­ße Herr­schaft in un­se­rem Staat führt, will ich erst gar nicht den­ken!“

„Mei­ne Par­tei und die Kir­chen wür­den mich di­rekt aus mei­nem Amt ent­fer­nen las­sen wenn ich mich auf so et­was ein­lie­ße! Das Bes­te ist, ich den­ke erst ein­mal gar nicht wei­ter da­ran und hül­le mich, wie schon mit mei­nem Kol­le­gen ver­ab­re­det, wei­ter­hin in Schwei­gen,denn Schwei­gen ist ja be­kannt­lich Gold.“








Mit freundlicher Genehmigung des HESSISCHEN LANBOTEN
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