DEUTSCHES ARCHIV
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
Die Tradition der beiden ökumenischen Supermächte


Schon im­mer ha­ben sich in der deut­schen Ge­schich­te die­je­ni­gen mit den schöns­ten Be­grif­fen ge­schmückt, die sie am we­nigs­ten ver­tra­ten – und nicht sel­ten ver­tra­ten sie das kras­se Ge­gen­teil des­sen, wo­mit sie sich öf­fent­lich so schön heuch­le­risch schmück­ten.

Neh­men wir nur den Fall der Na­tio­nal­so­zi­a­lis­ten und ih­res Par­tei­na­mens:
sie kon­zen­trier­ten und be­schränk­ten sich we­der auf die Na­ti­on, um ihr zu hel­fen, son­dern sie fie­len in die Na­tio­nen an­de­rer Völ­ker ein und stürz­ten die­se und die ei­ge­ne Na­tion ins Un­glück – ganz of­fen­sicht­lich das kras­se Ge­gen­teil des­sen, was sie öf­fent­lich mit je­nem At­tri­but „na­tio­nal“ in ih­rem Par­tei­na­men vor­heu­cheln woll­ten; und die Ge­schich­te hat hier den Be­weis an­ge­tre­ten.

Und neh­men wir das an­de­re Wort „so­zi­a­lis­tisch“: die ers­te Tat nach der Macht­über­nah­me mit Hil­fe der christ­li­chen Zen­trums­par­tei war ein Ko­pie­ren der macht­po­li­ti­schen Struk­tur der ka­tho­li­schen Kir­che und so­mit die Schaf­fung der Dik­ta­tur mit dem un­fehl­ba­ren Füh­rer an der Spit­ze, wel­chem je­der in sei­nem Ge­wis­sen ver­pflich­tet wur­de.

Auf der wirt­schaft­li­chen Ebe­ne wur­de auch das Ide­al des „So­zia­len“ von den Na­zis nicht ver­wirk­licht; in­so­fern muß­te das Wirt­schafts­sys­tem auch nicht erst ge­än­dert wer­den – es hat­te schon die Struk­tur der ge­lenk­ten Markt­wirt­schaft: der Dik­ta­tur, und schmieg­te sich so­mit wun­der­bar an die po­li­ti­sche Struk­tur des Drit­ten Rei­ches bzw. an die kle­ri­ka­le Struk­tur der ka­tho­li­schen Kir­che an.

Und daß das Ge­richts­we­sen im Drit­ten Reich ent­so­zi­ali­siert wur­de – so­weit es nicht noch aus der Kai­ser­zeit ent­lehnt war –, das hat die Ge­schich­te des Drit­ten Rei­ches dann auch be­wie­sen.

Und nie­mand wird an­zwei­feln wol­len, daß es zur Zeit des Drit­ten Rei­ches kei­ne Mei­nungs­frei­heit gab – ob­wohl es wie heu­te vie­le Zei­tun­gen mit un­ter­schied­lichs­ten Na­men so­wie Rund­funk­an­stal­ten in ver­schie­de­nen Städ­ten gab.

Das ein­zi­ge, was beim Na­men der na­tio­nal­so­zi­a­lis­ti­schen Par­tei hät­te viel­leicht noch stim­men kön­nen, war der Na­me „Par­tei“ – al­les an­de­re hat­te – ent­ge­gen dem ver­bal Vor­ge­täusch­ten – in der Pra­xis den ge­ra­de­zu ge­gen­tei­li­gen Wert und of­fen­bar­te dann auch im Lau­fe der Zeit die­se Wahr­heit.

Und selbst der Be­griff der Par­tei lag be­griff­lich falsch und war ge­heu­chelt, denn er be­zeugt ja die Exis­tenz ei­ner Sei­te und läßt so­mit auch noch auf die Exis­tenz bzw. Exis­tenz­be­rech­ti­gung zu­min­dest ei­ner, wenn nicht meh­re­rer an­de­rer Sei­ten fol­gern – was die ge­üb­te Pra­xis des Drit­ten Rei­ches wi­der­leg­te.

Man soll­te sich heu­te die­sen Tat­be­stand ein­mal vor Au­gen füh­ren, wenn man sich die Na­men „Christ­lich De­mo­kra­ti­sche Uni­on“, „Christ­lich So­zia­le Uni­on“, „Freie De­mo­kra­ti­sche Par­tei“ oder „So­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Par­tei“ be­trach­tet – wel­che sich al­le, ei­ne je­de für sich, als „Par­tei der Mit­te“ be­zeich­nen – wie üb­ri­gens vor ih­nen die na­tio­nal­so­zi­a­lis­ti­sche Par­tei auch, spä­tes­tens nach der Macht­über­nah­me.

Und man soll­te mei­nen, daß hier we­nigs­tens der Be­griff „christ­lich“ stim­men könn­te.
Aber ob nun je­nes po­si­ti­ve Bild von Je­sus Chris­tus das rich­ti­ge ist – oder das­je­ni­ge, was in viel­fäl­ti­ger an­ti­de­mo­kra­ti­scher Form die Zwe­cke der Kir­che hei­ligt – dar­über strei­ten sich die Ge­lehr­ten in der Kir­che selbst noch zur Ge­nü­ge, und ich möch­te mir hier­über auch kein Ur­teil an­ma­ßen, ob­wohl die Ge­schich­te der Kir­che im all­ge­mei­nen ganz si­cher mehr die Sei­te der ge­hei­lig­ten an­ti­de­mo­kra­ti­schen Mit­tel un­ter Be­weis ge­stellt hat, und zwar bis auf den heu­ti­gen Tag, und nur je­ne Ge­schich­te des ein­zel­nen Man­nes Je­sus von Na­za­reth die an­de­re Sei­te zu­min­dest als „Story“ ver­tritt – wo­bei sich auch hier die Ge­lehr­ten strei­ten, ob sie über­haupt auf Tat­sa­chen be­ruht oder nicht nur der Fan­ta­sie ent­wach­sen ist.

Nach dem heu­ti­gen Stand der Wis­sen­schaft spricht – jen­seits al­ler Ge­schichts­for­schung, wel­che auch kei­nen Nach­weis über die Exis­tenz die­ses Man­nes zu er­brin­gen ver­moch­te – al­lein schon die Be­haup­tung von der un­be­fleck­ten Emp­fäng­nis sei­ner Mut­ter, wel­che ihn ohne phy­sisch vor­han­de­nen Ehe­mann ge­zeugt ha­ben soll, ein­deu­tig ge­gen sei­ne phy­si­sche Exis­tenz, und so wird die­se der re­li­gi­ö­sen Fan­ta­sie ei­fer­süch­ti­ger Pries­ter zu­ge­schrie­ben.

Die an­de­ren Be­grif­fe je­ner vier ge­nann­ten bun­des­deut­schen Schein-Par­tei­en „der Mit­te“ er­klä­ren sich – was zu­min­dest ih­re prak­ti­sche An­wen­dung an­be­langt – aus dem In­halt die­ses Bu­ches und aus den da­mit ver­bun­de­nen Do­ku­men­ten.








Mit freundlicher Genehmigung des HESSISCHEN LANBOTEN
© 1998-