Brief des PRÄSIDENTEN DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES an die DEUTSCHE KULTURSTIFTUNG
Herr Bundestagspräsident Dr. Barzel hat Ihren offenen Brief vom 12. Juni 1984 zur Kenntnis genommen. Allerdings teilt er nicht die von Ihnen vertretenen Auffassungen.
Bezeichnenderweise mußte ganz kurze Zeit später der hierfür zuständige Bundestagspräsident Rainer Barzel im Rahmen einer Bestechlichkeitsaffäre in Millionenhöhe sein amtliches Handtuch werfen.
Wie ich gehört habe, ist er ehemaliger Jesuitenschüler.
Dies würde sich in die Geschichte gut einfügen.
In der ausführlichen Beschreibung dieser Sache ging es mir nur darum aufzuzeigen, wie in der Bundesrepublik Deutschland ein Schriftsteller mit demokratischen Ambitionen mit Hilfe vielfältiger Amtsgewalt durch die beiden großen bundesdeutschen Supermächte ausgeschaltet wird, wenn er seine Meinung öffentlich meinungsbildend verkündet wobei ihm selbst ein solcher Versuch auch nur mit Hilfe einer eigenen freien und unabhängigen Körperschaft, mit Hilfe eigener Freunde und sogar mit Hilfe einer eigenen Fotosatzanlage, einer eigenen Reproeinrichtung und einer eigenen Druckerei möglich ist und wobei er noch froh sein kann, wenn er irgendwie auf geheimen Wegen an das hierzu notwendige Papier herankommt.
Und wenn ihm dies alles ein einziges Mal gelingt, dann kann er im weiteren Verlauf seiner Tätigkeit davon ausgehen, daß er behördlich de facto über diverse angestrengte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren inklusive der damit verbundenen kriminalpolizeilichen Maßnahmen und amtlichen Mitteilungen an die Presse: zur geflissentlichen Veröffentlichung und öffentlichen Kriminalisierung, vogelfrei ist daß zu jeder Zeit mit Polizeigewalt gewaltsam in sein Haus eingedrungen werden kann, daß seine Arbeitsunterlagen zu jeder Zeit beschlagnahmt werden können, daß er mit dieser Art großer Aktionen in seiner näheren Umgebung, bei seinen Nachbarn und darüber hinaus auch im ganzen Land über die Medien gezielt amtlich verunglimpft wird, daß er jederzeit mit seiner Festnahme rechnen kann, und daß er dabei unerhört auf der Hut sein muß, weil ihm in dieser Richtung unscheinbar wirkende, aber schlagkräftige amtliche Fallen gestellt werden.
Dies ist das Los eines in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Schriftstellers, der sich ernsthaft und ohne sich mit irgendeiner korrupten Gruppe irgendwie zu liieren, für die praktische Verwirklichung der Grundmenschenrechte einsetzt während sich die gekauften Amts- und Würdenträger nicht schämen, gleichzeitig öffentlich durch große offizielle Schauauftritte mit Freiheitskämpfern anderer Nationen das Image einer demokratischen Gesinnung vorzutäuschen.
Unter den beschriebenen Umständen in der Bundesrepublik Deutschland kann eine demokratische Belebung nur dann angestrengt werden, wenn dies durch einen ganzen Freundeskreis erfolgt, der in dieser Sache ganz fest zusammensteht was man dann amtlich mit „krimineller Jugendsekte im Umfeld des Terrorismus“ bezeichnet und mit Hilfe vielfältiger Ermittlungsverfahren über die Regierungsbehörden, über die Justiz und über die Medien gegenüber der breiten Öffentlichkeit „begründet“ und diese dabei zusätzlich mit Hilfe der Großkirchen und ihrer Hunderttausende Agenten und Spione täuscht und verhetzt.
Die hier beschriebene Aktion stellt ja nur eine von vielfältigen dar, deren wesentliche antidemokratische Merkmale ich in diesem Buch herausarbeiten möchte.
Diese Aktionen beweisen, daß es in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur keine Demokratie gibt, sondern daß hier die Mechanismen der Diktatur wie schon zur Zeit des Dritten Reiches im Zwielicht zwischen Öffentlichem und Verborgenem weiter blühen nur, daß sich diese Diktatur diesmal unter dem Druck von Zeit und Umständen zumindest soweit modernisiert hat, daß sie jetzt mit Hilfe einer vielfältigen scheindemokratischen Pracht über Schein-Gefechte vermeintlich rivalisierender Parteien „der Mitte“, über Schein-Konkurrenzbetriebe in der Wirtschaft, Schein-Standpunkte bei den Medien oder auch Schein-Gerechtigkeit bei der Justiz ausgeübt wird, in Wirklichkeit aber über gut getarnte Monopole abgesichert ist.
Der Unterschied zur ehemaligen sowjetisch besetzten Zone liegt nur darin, daß man hier ein perfektes System der Wahrung des demokratischen Scheins herausgebildet hat, welches von scheinbarer politischer Freiheit über scheinbare freie Marktwirtschaft und die scheinbare Meinungsfreiheit bis zur scheinbaren Gerechtigkeit reicht während die damalige sowjetisch besetzte Zone eine solche Scheinheiligkeit offenbar im Anflug von echter Ehrlichkeit noch als Heuchelei angesehen hatte und so dann die maßgebende Rolle der SED verfassungsrechtlich verankert hatte.
Aber sowenig, wie zwei oder drei verschiedene Parteinamen noch nicht wirklich ein Nachweis für die Selbständigkeit dieser Parteien sind und sowenig, wie tausende verschiedene Firmennamen und speziell auch Namen von Banken noch lange nicht Beweis für die Selbständigkeit dieser Unternehmen sind und sowenig, wie eine scheinbare Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative: von gesetzgebender, von gesetzausführender und von rechtsprechender Gewalt, aufgrund ihrer verschiedenen Namen sowie ihrer verschiedenen Lokalitäten noch keineswegs deren Eigenständigkeit beweist und sowenig, wie das vielfältige sinnlose Geplapper und Geschreibe in den Medien aufgrund der Farbenpracht des unterhaltsamen Spektrums tatsächliche Meinungsfreiheit beweist sowenig läßt sich beweisen, daß die Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie ist.
Dieses Buch sowie die damit verbundenen Dokumente vermögen aber sehr wohl das Gegenteil zu beweisen und Methoden aufzuzeigen, wie ein echter Demokratisierungsprozeß in der Praxis aussehen könnte und wo man dabei mit welchen Widerständen bzw. mit welcher Korruption zu rechnen hat.