DEUTSCHES ARCHIV
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
Die Tradition der beiden ökumenischen Supermächte


Wie ich schon vor­her er­wähn­te: um et­wa 10.15 Uhr klin­gel­te am 29. 8. das In­ter­com Sturm.
Als dar­auf­hin zwei mei­ner Freun­de vom Haus die Trep­pe hin­un­ter zum Tor gin­gen, da sa­hen sie dort et­li­che Au­tos und auf­ge­regt ge­sti­ku­lie­ren­de Per­so­nen ste­hen: Uni­for­mier­te, Le­der­ja­cken und Zi­vi­lis­ten, wel­che, mit ei­nem Haus­durch­su­chungs­be­fehl we­delnd, al­le­samt Ein­laß be­gehr­ten.

Spä­ter soll­te es sich her­aus­stel­len, daß es sich um Mit­glie­der der Staats­an­walt­schaft, der Kri­mi­nal­po­li­zei, des Staats­schut­zes, der Lan­des­kri­mi­nal­po­li­zei Ba­den-Würt­tem­berg, der Kri­mi­nal­po­li­zei Hei­del­berg und der lo­ka­len Po­li­zei han­del­te.

Un­se­re bei­den Freun­de sag­ten ih­nen, daß sie erst zum Haus zu­rück­ge­hen müß­ten, um von dort das Tor zu öff­nen.
Aber kaum wa­ren sie ein paar Schrit­te die Trep­pe zum Haus em­por­ge­stie­gen, da ver­lo­ren auch schon ei­ni­ge der Her­ren die Ner­ven, spran­gen über den Zaun, flitz­ten an un­se­ren Mit­ar­bei­tern vor­bei und stürm­ten ins Haus – und un­se­re bei­den Freun­de na­tür­lich eif­rig hin­ter­her.

So­dann wur­de von ei­nem mei­ner Freun­de das gro­ße Ein­fahrts­tor ge­öff­net, und der gan­ze Pulk eil­te ge­schäf­tig die Auf­fahrt hin­auf, dräng­te sich ohne wei­te­re Er­klär­un­gen in Form ei­nes Stoß­trupps durch den mitt­ler­wei­le weit ge­öff­ne­ten Hau­sein­gang ins Haus und kam dann schließ­lich et­wa in der Mit­te des Hau­ses vor un­se­ren Mit­ar­bei­tern zum Ste­hen.

Der mit­ge­führ­te Fo­to­graf konn­te nur noch dem Ein­satz­lei­ter schnell die ge­wünsch­te Mik­ro­ka­mera zu­ste­cken und flitz­te dann ge­schäf­tig, im­mer eif­rig fo­to­gra­fie­rend, durch das in­ne­re und äu­ße­re An­we­sen – al­les er­ha­schend, al­les fest­hal­tend, von al­lem op­tisch Be­sitz er­grei­fend, nichts und nie­man­den scho­nend.

Als sich der Tu­mult des Stoß­trupps im Hau­se et­was ge­legt hat­te und noch be­vor die Herr­schaf­ten sich zu or­ga­ni­sie­ren und über die wei­te­re Vor­ge­hens­wei­se zu ei­ni­gen ver­moch­ten, wur­den sie von un­se­ren Freun­den erst ein­mal dis­kret, aber nach­hal­tig dar­um er­sucht, sich aus­zu­wei­sen – denn man woll­te ja wis­sen, wer die Ge­sand­ten im ein­zel­nen wa­ren und mit wel­chem je­wei­li­gen Spe­zi­al­auf­trag man hier zu rech­nen hat­te, denn je­der sieht ja ei­ne sol­che Haus­durch­su­chung von sei­ner Sei­te: der lo­ka­le Po­li­zist in­te­res­siert sich für den ört­li­chen Kri­mi­nel­len, der über­re­gi­o­na­le Kri­mi­nal­be­am­te in­te­res­siert sich schon für die schwe­re­ren Jungs, und erst der Be­am­te aus dem lan­des­weit ge­gen al­le Auf­säs­si­gen agie­ren­den Lan­des­kri­mi­nal­amt von Ba­den-Würt­tem­berg in­te­res­siert sich ganz si­cher spe­zi­ell für den na­tio­na­len Ter­ro­ris­ten – wo­bei es auch schon Ge­rüch­te gibt, daß sich die Lan­des­kri­mi­nal­po­li­zei von Ba­den-Würt­tem­berg für ei­nen ak­ti­ven, ge­samt­eu­ro­päi­schen Ein­satz zur Be­kämp­fung An­ders­den­ken­der in­te­res­siert.

Ja und der Re­prä­sen­tant des Staats­schut­zes, der hat im­mer nur in sei­nem ei­nen Au­ge den Staat und in sei­nem an­de­ren den De­mo­kra­ten, der den Staat ge­fähr­det.
Und das al­les muß er dann auch noch un­ter ei­nen Hut brin­gen.

Der Staats­an­walt schließ­lich schwebt dann über al­lem – wie die ge­hei­me graue Emi­nenz.
Wo die Kri­mi­nal­po­li­zei auf al­len Ebe­nen nur ih­re un­in­tel­li­gen­te stu­pi­de Vor­ar­beit leis­tet, Be­schat­tun­gen, Be­ob­ach­tun­gen, Fest­stel­lun­gen, Na­men, Do­ku­men­te, Be­weis­mit­tel, Zeu­gen­aus­sa­gen, Tat­werk­zeu­ge, da stützt sich der Staats­an­walt ne­ben die­sen klei­nen Rou­ti­ne­sa­chen auf sein po­li­tisch-stra­te­gi­sches Wis­sen; denn er er­hält von „hier“ Win­ke und von „dort“ An­ru­fe und von „da“ Er­mäch­ti­gun­gen und weiß auf die­se Wei­se, wer hier im ein­zel­nen sei­ne Macht­po­si­tio­nen ge­fähr­det sieht und ge­si­chert ha­ben will.

Der Kri­mi­nal­po­li­zei­ein­satzlei­ter rief im­mer nur sei­ne Leu­te zur „Ord­nung“, in­dem er ih­nen pe­ne­trant ein­zu­re­den ver­such­te, sie sol­len sich nicht aus­wei­sen – er selbst ha­be das doch wohl schon zur Ge­nü­ge ge­tan.
Es war ja ei­gent­lich auch ver­ständ­lich: dem kon­zer­tier­ten Stab ging es ja letzt­end­lich auch nur dar­um, bei an­de­ren „fest­zu­stel­len“.

Nach­dem schließ­lich die ge­gen­sei­ti­gen For­ma­li­tä­ten aus­ge­tauscht wa­ren und man sich ge­gen­sei­tig in die Aus­wei­se und tief in die Au­gen ge­schaut hat­te
und nach­dem auch noch gleich­zei­tig meh­re­re mit­ge­führ­te Le­der­ja­cken durchs gan­ze Haus ge­flitzt wa­ren – im­mer von min­des­tens ei­nem un­se­rer Mit­ar­bei­ter ver­folgt – und in al­len Stock­wer­ken und Räu­men nach wei­te­ren ver­steck­ten Per­so­nen ge­sucht hat­ten –, ei­nig­te man sich zu ebe­ner Er­de des Hau­ses auf die Haus­durch­su­chung, und so such­te ein jeg­li­cher nach sei­ner Art bzw. nach der Art sei­ner Dienst­stel­le nach bes­tem Wis­sen nach all dem, was er sich so in­ten­siv er­hofft hat­te.

Im gro­ßen Ge­schäfts­zim­mer wur­den erst ein­mal von ei­nem Staats­schutz­agen­ten pau­schal al­le Per­so­na­lien aus den Rei­se­päs­sen und an­de­ren Do­ku­men­ten ab­ge­schrie­ben – wo­bei auch Fa­mi­li­en­stän­de und Be­ru­fe er­grün­det wur­den.

Von der kleins­ten Um­klei­de­kam­mer über die ver­win­kel­te Atom­bun­ker­an­la­ge bis zu un­se­rer Dru­cke­rei wur­de al­les auf den Kopf ge­stellt, durch­ge­wühlt, un­ter­sucht – wur­den die pri­va­ten Brie­fe ge­le­sen, Schmuck­käst­chen ana­ly­siert, selbst das In­ne­re der Wä­sche in den Schub­la­den der Schrän­ke nicht aus­ge­las­sen.
Gro­ßes In­te­res­se fan­den auch die viel­fäl­ti­gen Dis­ket­ten der Com­pu­ter, aber auch je­des ein­zel­ne Schrift­stück der vie­len Ord­ner – je­de klei­ne No­tiz!

Mär­chen­ord­ner wur­den ge­le­sen, Da­men­schrän­ke, selbst Dru­cker­farb­bän­der wur­den un­ter­sucht, Hand­ta­schen durch­stö­bert, Bü­cher auf dem Nacht­tisch ge­le­sen und selbst von Mus­terstrumpfkol­lek­tio­nen bis hin zu Com­pu­ter­hand­bü­chern al­les ana­ly­siert.
Und im­mer wie­der wur­de nach Adres­sen ge­sucht – ge­nau­er: nach Mit­glie­der­kar­tei­en bzw. -da­tei­en.

Und die­se gan­ze Ak­tion ge­schah un­ter dem schein­hei­li­gen Vor­wand: für die be­sag­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen die Ver­ant­wort­li­chen her­aus­zu­fin­den – ob­wohl ja ge­ra­de dies Be­stand­teil der Ver­öf­fent­lich­ung und so­mit all­ge­mein be­kannt war.







Mit freundlicher Genehmigung des HESSISCHEN LANBOTEN
© 1998-