EINSTELLUNGSVERFÜGUNG
der STAATSANWALTSCHAFT
BEI DEM LANDGERICHT HEIDELBERG
der STAATSANWALTSCHAFT
BEI DEM LANDGERICHT HEIDELBERG
STAATSANWALTSCHAFT HEIDELBERG
Postfach 105308
6900 Heidelberg 1
Az.: 41 Js 1004/87
Frau
Rechtsanwältin
wegen falscher Verdächtigung u.a.
Anbei übersende ich die Einstellungsverfügung vom 08.03.1987.
gez. Heister, Staatsanwalt
Staatsanwaltschaft
bei dem Landgericht
-Az. 41 Js 1004/87-
Heidelberg, den 8. 3. 1987
Vfg.
Das Verfahren wird gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
G r ü n d e:
Die Beschuldigte Renate P., geb...... in....., wohnhaft..... erschien am 1.9.1986 auf der Dienststelle des Dezernates 6 der Polizeidirektion Heidelberg und machte dort Angaben zum Verbleib ihrer Tochter Ariane P.
Diese wurde seit dem 13. 3. 1986 vermißt und erst am 28. 11. 1986 von Jägern während einer Treibjagd, ca. 2 1/2 Kilometer vom Wohnort entfernt, in einer Tannenschonung tot aufgefunden.
Ariane P. war das einzige Kind der beschuldigten Witwe.
In dieser Vermißtensache gab die Beschuldigte gegenüber der Kriminalpolizei am 1. 9. 1986 u.a. an, daß sich ihre Tochter mit Sicherheit in der Sekte „Deutsche Kulturstiftung“ aufhalte. Nachdem im Fernsehen die Vermißtenfahndung nach ihrer Tochter ausgestrahlt worden sei, habe ein Mann angerufen und mitgeteilt, daß er mit einiger Sicherheit ihre Tochter als Mitglied einer Sekte in der Düsseldorfer Innenstadt gesehen habe. Sie solle dort irgendwelche Handzettel ausgeteilt haben. Die Fernsehfahndung sei am 17. 7. 1986 in WDR 3 ausgestrahlt worden.
Einige Zeit später habe sich nochmals ein Herr aus dem Ruhrgebiet gemeldet, der damals die Fernsehfahndung gesehen habe und zuvor seinen Urlaub auf dem Camping-Platz in Altneudorf bei Heidelberg verbracht habe.
Dieser Herr sei sich sicher gewesen, ihre Tochter in Altneudorf gesehen zu haben.
In der Nähe des Camping-Platzes habe sich das Grundstück einer Sekte befunden, auf dessen Gelände er ihre Tochter am 10.8.1986 gesehen haben wollte.
Die Beschuldigte begab sich daraufhin am 27. 8. 1986 nach Altneudorf und beobachtete dort täglich das Gelände der Sekte „Deutsche Kulturstiftung“, auch bis spät in die Nacht hinein. Sie gab an, dabei den Eindruck gewonnen zu haben, daß die jungen Mädchen dort als „Sklavinnen“ benutzt werden, weil sie diese bei der Verrichtung von allen möglichen Hausarbeiten habe beobachten können. Diese Mädchen seien auch nie im Garten zu sehen gewesen und hätten auch das Gelände nicht verlassen.
Nach ihren eigenen Worten, mit den Nerven völlig am Ende zu sein, gab sie ferner an, dann auch zweimal ihre Tochter Ariane auf dem Gelände der Sekte gesehen zu haben. Das eine Mal auf dem Balkon, das andere Mal in der Einfahrt vor dem Haus, dabei allerdings nur von hinten.
Sie sei sich sicher gewesen, daß es sich beide Male um ihre Tochter gehandelt habe.
Die Beschuldigte gab schließlich an, daß sich Einwohner aus Altneudorf darüber beschwert hätten, daß Sektenmitglieder auf ihrem Gelände irgendwelche Dinge verbrannt hätten, die nach „Organischem“ gerochen hätten. In diesem Zusammenhang müsse man wissen, daß diese Sekte „Indien-orientiert“ sei und in Indien Leichen verbrannt würden.
Die Kriminalpolizei Heidelberg erwirkte aufgrund dieser Angaben einen Durchsuchungsbefehl für das Anwesen der „Deutschen Kulturstiftung“, Adam-Remmele-Str. 3, 6917 Schönau-Altneudorf. Die Durchsuchung wurde am 4.9.1986 von der Kriminalpolizei Heidelberg durchgeführt; sie führte jedoch nicht zum Auffinden der vermißten Ariane P.
Der Beschuldigten wird ein Vergehen der falschen Verdächtigung, der üble Nachrede und der Verleumdung zur Last gelegt.
Durch ihre Angaben bei der Kriminalpolizei Heidelberg am 1. 9. 1986 habe sie die „Deutsche Kulturstiftung“ bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeige zuständigen Amtsträger wider besseren Wissens einer rechtswidrigen Tat in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen sie herbeizuführen und die Mitglieder der „Deutschen Kulturstiftung“ in der Ehre gekränkt.
Die Ermittlungen haben keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben. Der Beschuldigten konnte nicht nachgewiesen werden, daß sie wider besseren Wissens, in der Absicht, ein behördliches Verfahren gegen die „Deutsche Kulturstiftung“ herbeizuführen, diese Angaben gemacht hat.
Sie hat glaubhaft dargelegt, daß sie im Anschluß an die Fernsehfahndung vom 17. 7. 1986 aus zwei verschiedenen, überzeugenden Quellen die Information erhalten habe, daß sich ihre Tochter bei einer „Sekte“ aufhalte.
Nur aufgrund dieser Informationen habe sie das Anwesen der „Deutschen Kulturstiftung“ beobachtet. Sie hat ferner glaubhaft dargetan, daß sie, zwar mit den Nerven völlig am Ende, ihre minderjährige Tochter zweimal auf diesem Gelände gesehen habe.
Insoweit ist festzustellen, daß jedenfalls was den subjektiven Tatbestand betrifft, kein hinreichender Tatverdacht gegeben ist. Die Beschuldigte handelte weder mit dem Vorsatz, einen anderen falsch zu verdächtigen, noch übel nachzureden oder gar zu verleumden.
Die Angaben der Beschuldigten waren allein von der Sorge um das Wohlergehen und das Wiederauffinden ihrer einzigen, minderjährigen Tochter bestimmt.
Soweit der Beschuldigten eine üble Nachrede oder Verleumdung zur Last gelegt wird, handelte sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB). Sie hat den Grundsatz der Interessenabwägung im Rahmen des § 193 StGB nicht verletzt.
Die den Anzeigenden treffende gewisse Prüfungspflicht bezüglich der Richtigkeit des Anzeigeninhalts hat sie gewahrt, indem sie das Gelände der „Deutschen Kulturstiftung“ mehrere Tage beobachtet hat und sie dabei eine weibliche Person gesehen hat, die sie für ihre Tochter gehalten hat. Da sie von Dritten den Hinweis erhalten hatte, daß sich ihre Tochter dort aufhalte, ist nicht ersichtlich, daß sie insoweit leichtfertig gehandelt hat.
Das Verfahren war somit einzustellen.
gez. Heister,
Staatsanwalt
Ende des Zitats
Postfach 105308
6900 Heidelberg 1
08. 03. 1987
Az.: 41 Js 1004/87
Frau
Rechtsanwältin
Betr.:
Ermittlungsverfahren gegen Frau Renate P.wegen falscher Verdächtigung u.a.
Anbei übersende ich die Einstellungsverfügung vom 08.03.1987.
gez. Heister, Staatsanwalt
Staatsanwaltschaft
bei dem Landgericht
-Az. 41 Js 1004/87-
Heidelberg, den 8. 3. 1987
Vfg.
Das Verfahren wird gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
G r ü n d e:
Die Beschuldigte Renate P., geb...... in....., wohnhaft..... erschien am 1.9.1986 auf der Dienststelle des Dezernates 6 der Polizeidirektion Heidelberg und machte dort Angaben zum Verbleib ihrer Tochter Ariane P.
Diese wurde seit dem 13. 3. 1986 vermißt und erst am 28. 11. 1986 von Jägern während einer Treibjagd, ca. 2 1/2 Kilometer vom Wohnort entfernt, in einer Tannenschonung tot aufgefunden.
Ariane P. war das einzige Kind der beschuldigten Witwe.
In dieser Vermißtensache gab die Beschuldigte gegenüber der Kriminalpolizei am 1. 9. 1986 u.a. an, daß sich ihre Tochter mit Sicherheit in der Sekte „Deutsche Kulturstiftung“ aufhalte. Nachdem im Fernsehen die Vermißtenfahndung nach ihrer Tochter ausgestrahlt worden sei, habe ein Mann angerufen und mitgeteilt, daß er mit einiger Sicherheit ihre Tochter als Mitglied einer Sekte in der Düsseldorfer Innenstadt gesehen habe. Sie solle dort irgendwelche Handzettel ausgeteilt haben. Die Fernsehfahndung sei am 17. 7. 1986 in WDR 3 ausgestrahlt worden.
Einige Zeit später habe sich nochmals ein Herr aus dem Ruhrgebiet gemeldet, der damals die Fernsehfahndung gesehen habe und zuvor seinen Urlaub auf dem Camping-Platz in Altneudorf bei Heidelberg verbracht habe.
Dieser Herr sei sich sicher gewesen, ihre Tochter in Altneudorf gesehen zu haben.
In der Nähe des Camping-Platzes habe sich das Grundstück einer Sekte befunden, auf dessen Gelände er ihre Tochter am 10.8.1986 gesehen haben wollte.
Die Beschuldigte begab sich daraufhin am 27. 8. 1986 nach Altneudorf und beobachtete dort täglich das Gelände der Sekte „Deutsche Kulturstiftung“, auch bis spät in die Nacht hinein. Sie gab an, dabei den Eindruck gewonnen zu haben, daß die jungen Mädchen dort als „Sklavinnen“ benutzt werden, weil sie diese bei der Verrichtung von allen möglichen Hausarbeiten habe beobachten können. Diese Mädchen seien auch nie im Garten zu sehen gewesen und hätten auch das Gelände nicht verlassen.
Nach ihren eigenen Worten, mit den Nerven völlig am Ende zu sein, gab sie ferner an, dann auch zweimal ihre Tochter Ariane auf dem Gelände der Sekte gesehen zu haben. Das eine Mal auf dem Balkon, das andere Mal in der Einfahrt vor dem Haus, dabei allerdings nur von hinten.
Sie sei sich sicher gewesen, daß es sich beide Male um ihre Tochter gehandelt habe.
Die Beschuldigte gab schließlich an, daß sich Einwohner aus Altneudorf darüber beschwert hätten, daß Sektenmitglieder auf ihrem Gelände irgendwelche Dinge verbrannt hätten, die nach „Organischem“ gerochen hätten. In diesem Zusammenhang müsse man wissen, daß diese Sekte „Indien-orientiert“ sei und in Indien Leichen verbrannt würden.
Die Kriminalpolizei Heidelberg erwirkte aufgrund dieser Angaben einen Durchsuchungsbefehl für das Anwesen der „Deutschen Kulturstiftung“, Adam-Remmele-Str. 3, 6917 Schönau-Altneudorf. Die Durchsuchung wurde am 4.9.1986 von der Kriminalpolizei Heidelberg durchgeführt; sie führte jedoch nicht zum Auffinden der vermißten Ariane P.
Der Beschuldigten wird ein Vergehen der falschen Verdächtigung, der üble Nachrede und der Verleumdung zur Last gelegt.
Durch ihre Angaben bei der Kriminalpolizei Heidelberg am 1. 9. 1986 habe sie die „Deutsche Kulturstiftung“ bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeige zuständigen Amtsträger wider besseren Wissens einer rechtswidrigen Tat in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen sie herbeizuführen und die Mitglieder der „Deutschen Kulturstiftung“ in der Ehre gekränkt.
Die Ermittlungen haben keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben. Der Beschuldigten konnte nicht nachgewiesen werden, daß sie wider besseren Wissens, in der Absicht, ein behördliches Verfahren gegen die „Deutsche Kulturstiftung“ herbeizuführen, diese Angaben gemacht hat.
Sie hat glaubhaft dargelegt, daß sie im Anschluß an die Fernsehfahndung vom 17. 7. 1986 aus zwei verschiedenen, überzeugenden Quellen die Information erhalten habe, daß sich ihre Tochter bei einer „Sekte“ aufhalte.
Nur aufgrund dieser Informationen habe sie das Anwesen der „Deutschen Kulturstiftung“ beobachtet. Sie hat ferner glaubhaft dargetan, daß sie, zwar mit den Nerven völlig am Ende, ihre minderjährige Tochter zweimal auf diesem Gelände gesehen habe.
Insoweit ist festzustellen, daß jedenfalls was den subjektiven Tatbestand betrifft, kein hinreichender Tatverdacht gegeben ist. Die Beschuldigte handelte weder mit dem Vorsatz, einen anderen falsch zu verdächtigen, noch übel nachzureden oder gar zu verleumden.
Die Angaben der Beschuldigten waren allein von der Sorge um das Wohlergehen und das Wiederauffinden ihrer einzigen, minderjährigen Tochter bestimmt.
Soweit der Beschuldigten eine üble Nachrede oder Verleumdung zur Last gelegt wird, handelte sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB). Sie hat den Grundsatz der Interessenabwägung im Rahmen des § 193 StGB nicht verletzt.
Die den Anzeigenden treffende gewisse Prüfungspflicht bezüglich der Richtigkeit des Anzeigeninhalts hat sie gewahrt, indem sie das Gelände der „Deutschen Kulturstiftung“ mehrere Tage beobachtet hat und sie dabei eine weibliche Person gesehen hat, die sie für ihre Tochter gehalten hat. Da sie von Dritten den Hinweis erhalten hatte, daß sich ihre Tochter dort aufhalte, ist nicht ersichtlich, daß sie insoweit leichtfertig gehandelt hat.
Das Verfahren war somit einzustellen.
gez. Heister,
Staatsanwalt
Ende des Zitats