DEUTSCHES ARCHIV
Seite 411
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
Der achte große ökumenische Schlag der Diktatur
gegen die bürgerlichen Demokratisierungsbestrebungen
Countdown
Am sel­ben Tag noch rück­te ein Ge­schwa­der der Po­li­zei an und stürm­te mit ge­zück­ten Pis­to­len über den Zaun das Haus.

Als ich aus mei­nem Zim­mer trat, kam mir ein Freak mit Rin­gel­hemd­chen, Blue jeans, Turn­schu­hen, ver­wahr­los­ter Fri­sur und all­ge­mein ganz ver­wahr­los­ter Er­schei­nung mit ge­zo­ge­ner Pis­to­le die Trep­pe em­por ent­ge­gen­ge­stürmt.

Als er schließ­lich vor mir stand, zit­ter­te er am gan­zen Lei­be – so daß ich schon be­fürch­te­te, je­den Mo­ment müs­se sei­ne Pis­to­le in Rich­tung mei­nes Bau­ches los­ge­hen.
Dann stürm­ten noch wei­te­re be­waff­ne­te Ge­stal­ten in ähn­li­cher Auf­ma­chung die Trep­pe hoch und stürz­ten – an mir vor­bei – in die ver­schie­dens­ten Räu­me.

Schließ­lich ge­lang es mir, he­raus­zu­be­kom­men, daß es sich hier wie­der um ei­ne an­ge­ord­ne­te Haus­durch­su­chung han­del­te.
Und als ich ei­ni­ge der Leu­te frag­te, ob sie sich we­nigs­tens freund­li­cher­wei­se aus­wei­sen könn­ten – sie möch­ten mir auf­grund ih­res Äu­ße­ren bit­te nicht ver­übeln, wenn ich sie nicht für Po­li­zis­ten hal­te – da lehn­ten sie dies rund­weg ab.
Kei­ner er­klär­te sich be­reit, sich aus­zu­wei­sen.

Al­le wa­ren äu­ßerst ge­reizt – wie man dies über ab­hän­gi­ge Dro­gen­süch­ti­ge hört, wel­che sich mit Waf­fen­ge­walt im Sucht­an­fall Geld­mit­tel für ih­ren Nach­schub be­sor­gen.
Und sie wirk­ten auch ge­nau­so, wie man sich Dro­gen­leu­te vor­stellt: völ­lig ab­ge­ta­kelt, ver­wahr­lost, schmud­de­lig und hoff­nungs­los auf­ge­regt – so, als be­fürch­te­ten sie jetzt das Al­ler­schlimms­te: daß bei uns nichts zu ho­len wä­re oder daß sie jetzt gleich von uns er­schos­sen wür­den.

Bei al­ler gro­ßen Ge­fahr be­lus­tig­te mich die­ser mas­kier­te irr­sin­ni­ge Tu­mult et­was – ja, die Leu­te ta­ten mir we­gen ih­rer Angst so­gar leid.
Und so kam es schließ­lich auch schritt­wei­se zu ei­ner ge­wis­sen ver­ba­len har­mo­ni­sie­ren­den An­nä­he­rung – das auf­ge­reg­te, hek­ti­sche Ge­schrei ebb­te et­was ab, die ver­krampf­ten Ge­sichts­fal­ten glät­te­ten sich et­was, die Au­gen be­ka­men so­gar ei­nen et­was ent­spann­te­ren Aus­druck, und schließ­lich wur­de mir so­gar die fro­he Bot­schaft des Durch­su­chungs­be­fehls vor­ge­le­sen, wel­chen ich hier im fol­gen­den ab­dru­cken möch­te:


DURCHSUCHUNGSBESCHLUSS zur Durchsuchung
des Anwesens der DEUTSCHEN KULTURSTIFTUNG
AMTSGERICHT HEIDELBERG
– Vormundschaftsgericht –
Kriminalpolizei
Heidelberg

Az.: 40 UR II 1/86
Tel.: (06221) 59-1363
Heidelberg, 02. 09. 1986

Betr.:

An­trag auf ei­nen Durch­su­chungs­be­fehl für das
An­we­sen der „Deut­schen Kul­tur­stif­tung“,
Adam-Remmele-Str. 3, 6901 Schönau-Altneudorf

B e s c h l u ß:

I. Auf An­trag der Kri­mi­nal­po­li­zei Hei­del­berg vom 2.9.1986 wird ge­mäß § 25 PolG die Durch­su­chung des An­we­sens der „Deut­schen Kul­tur­stif­tung“, Adam-Rem­me­le-Str. 3, in Schö­nau-Alt­neu­dorf an­ge­ord­net.

Auf­grund der Er­mitt­lun­gen der Po­li­zei, ins­be­son­de­re auch auf­grund der Aus­sa­gen von Frau Renate P., be­ste­hen drin­gen­de An­halts­punk­te da­für, daß sich in dem ge­nann­ten An­we­sen die min­der­jäh­ri­ge Ari­a­ne P., geb. am 20. 01. 1970, auf­hält, die seit März 1986 ver­mißt wird. Es ist zu be­fürch­ten, daß sie in ih­rer wei­te­ren Ent­wick­lung er­heb­lich ge­fähr­det ist, be­lie­ße man sie in die­ser Um­ge­bung.

II. Ausfertigung hiervon.

Bauer
Richterin am Amtsgericht



Ende des Zitats








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