DEUTSCHES ARCHIV
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
Die Karlspreisaffäre


Anlage 1
Der Inhalt der Aussage von Anna Lentz ist folgender:
Um sie zum Ge­ständ­nis­se zu be­we­gen, stell­te ihr das Ge­richt an­fangs den Scharf­rich­ter mit dem „Rei­ni­gungs-In­stru­men­te“ vor. Da sie aber nichts wis­sen woll­te, so muß­te sie sich, bis auf ei­ne Schür­ze ent­klei­det, auf die „Pein­die­le“ le­gen. Die Hen­kers­knech­te ban­den ihr die Hän­de rück­wärts, schnür­ten die Füße an und leg­ten an die­se die Bein­schrau­ben oder spa­ni­sche Stie­fel.
Dann wur­de ihr ein an­de­res In­stru­ment, der spa­ni­sche Rei­ter ge­nannt, wel­ches mit höl­zer­nen Za­cken ver­se­hen war, un­ter den Rü­cken ge­legt und der Kopf kahl ge­scho­ren. Die Stri­cke ein we­nig an­zie­hend, frag­te man sie, wo ihr Teu­fel sei? Sie ant­wor­te­te, er ge­he auf dem Bal­ken. Sie hat­te näm­lich ge­hört, daß ih­re Mut­ter das­sel­be von ih­rem Teu­fel aus­ge­sagt. Als der Scharf­rich­ter sie frag­te: „Wo?“, gab sie zur Ant­wort: „Ne­ben mir“ ; dann: „In mir“. Dar­über lach­ten die Her­ren. Dar­auf schrie sie und bat, man möch­te sie frei­las­sen, sie wer­de mor­gen be­ken­nen: jetzt las­se es der Teu­fel nicht zu.

Das aber sag­te sie nur, um los­zu­kom­men und sich be­sin­nen zu kön­nen, was sie ei­gent­lich sa­gen soll­te. End­lich bat so­gar der Scharf­rich­ter für sie. Nun wur­de sie ent­las­sen und ins Ge­fäng­nis ge­führt. Ei­ner der Her­ren aber sag­te zu ihr: „Wir wer­den dich wohl be­ken­nen leh­ren, auch was du dem Pries­ter ge­beich­tet.“ Wäh­rend sie saß, trat ih­re Schwes­ter von au­ßen an das Ge­fäng­nis und er­mahn­te sie, zu be­ken­nen; so könn­te sie doch se­lig ster­ben, und die Her­ren hät­ten es zu ver­ant­wor­ten. Des­halb be­sann sie sich die gan­ze Nacht, was an­de­re, die ver­brannt wor­den, be­kannt hät­ten; auch schick­te sie zu ih­rer ge­fan­ge­nen Mut­ter und ließ die­sel­be fra­gen, wie die Wie­se hei­ße, auf der sie mit ihr ge­we­sen sein sol­le.

Die­se nann­te ihr die El­lern­wie­se. Des an­de­ren Ta­ges be­kann­te sie aus Furcht vor der Mar­ter, nur nicht, daß sie die h. Drei­fal­tig­keit ver­leug­net, weil sie nicht wuß­te, daß die He­xen die­se ver­leug­ne­ten; als man ihr aber droh­te, ge­stand sie auch die­ses ein.
All das ge­schah aus Furcht vor der Tor­tur.

Als sie dar­auf er­neut vor Ge­richt er­schien, wi­der­rief sie al­les. Ins Ge­fäng­nis zu­rück­ge­kehrt, hör­te sie die Leu­te auf der Stra­ße spre­chen, daß die Her­ren ihr doch das Le­ben ab­ge­spro­chen hät­ten. Nun dach­te sie da­ran, zu ent­kom­men. Das ge­lang ihr an ei­nem Aben­de, als die Wa­che zu Bier ge­gan­gen war und das Weib, wel­ches bei ihr blei­ben soll­te, sich ent­fernt hat­te. Man fing sie aber bald wie­der ein.

Als sie nun von neu­em ge­fol­tert wur­de, ver­sprach sie, zu be­ken­nen und bei ih­rem Be­kennt­nis­se zu blei­ben. Man for­der­te sie aber auf, das Frü­he­re der Rei­he nach zu wie­der­ho­len. Sie konn­te sich dar­auf nicht be­sin­nen und bat die Ge­richts­her­ren, es ihr vor­zu­sa­gen. Mit ei­ner in bren­nen­den Schwe­fel ge­tauch­ten Fe­der wur­de sie dann auf der Brust, un­ter den Ar­men usw. ge­brannt, wo­bei die Stri­cke, so­weit die Schrau­be es zu­ließ, an­ge­zo­gen und von dem Scharf­rich­ter durch Schlä­ge noch stär­ker an­ge­spannt wur­den. Da sag­te sie, von Schmer­zen be­täubt, was ihr ein­fiel, und ver­sprach, da­bei zu blei­ben. Die­se Mar­ter dau­er­te ei­ne hal­be Stun­de, so daß ihr die Arme aus den Schul­tern ge­bro­chen wa­ren und vom Scharf­rich­ter wie­der ein­ge­zo­gen wer­den muß­ten.

Nach ei­ni­gen Ta­gen wi­der­rief sie wie­der, be­kann­te aber von neu­em, als sie die Fol­ter sah. Nun wur­de sie noch ge­fragt, wen sie beim Tan­ze er­kannt ha­be, und als sie kei­nen zu nen­nen wuß­te, sag­te man ihr, daß die Mut­ter an­de­re ge­kannt hät­te, es müß­te ja „toll“ sein, wenn sie kei­nen wüß­te. Als man sie des­halb fol­tern woll­te, gab sie vor, ei­nen ge­wis­sen Wal­ter ge­se­hen zu ha­ben. Der wur­de ge­holt, und sie sag­te ihm die Be­schul­di­gung in die Au­gen; sie hat­te näm­lich da­ran ge­dacht, daß sie es, wie ih­re Mut­ter ge­than, wi­der­ru­fen könn­te. Ei­ner der Ge­richts­her­ren ahn­te aber, daß sie nicht be­stän­dig blei­ben wür­de, und ließ sie des­halb et­was an­zie­hen. Dar­auf er­klär­te sie, auf Wal­ter le­ben und ster­ben zu wol­len. Wal­ter selbst bat für sie, und man ließ sie los. Als­bald nahm sie wie­der al­les zu­rück. Man brach­te sie dar­auf ins Ge­fäng­nis zu­rück, und band sie mit den Hän­den über dem Kop­fe an ei­nen Pfahl, in wel­cher La­ge sie Tag und Nacht blei­ben muß­te.

We­gen des Wi­der­rufs wur­de sie zum vier­ten­ma­le und zwar ei­ne Vier­tel­stun­de ge­fol­tert. Sie schrie fort­wäh­rend, blieb aber jetzt stand­haft beim Wi­der­ru­fe.
Dann gab man ihr ei­nen „Hal­ben“ Schwei­ne­mist mit Was­ser zu trin­ken, nach­dem sie vor­her schon Knob­lauch, Ko­rian­der, Dill, Senf und der­glei­chen hat­te es­sen müs­sen. Als sie sah, daß ih­re Bei­ne durch die Tor­tur kohl­schwarz ge­wor­den, be­kann­te sie wie­der.

Dar­auf lag sie drei Wo­chen in Fes­seln krank dar­nie­der. Dann aber wi­der­rief sie von neu­em. Da man sie al­so zu kei­nem fes­ten Be­kennt­nis­se brin­gen konn­te, wur­de sie über ei­ne Ton­ne ge­legt und tüch­tig ge­peitscht, und nach­dem sie noch vier Wo­chen bei Was­ser und Brot im Ge­fäng­nis­se ge­le­gen hat­te, aus der Stadt ver­wie­sen.“
(Das Ei­gen­tum der Ge­fol­ter­ten wur­de üb­li­cher­wei­se der Kir­che über­ant­wor­tet.)

„Ein erhebendes Schauspiel
sozialer Vollkommenheit.“

1853 Jesuitenzeitschrift des Vatikans
über die Inquisition
*







Aus Grün­den der Rück­sicht ge­gen­über den Frau­en und ju­gend­li­chen Le­sern wur­de hier nur die Do­ku­men­ta­tion ei­ner ein­zel­nen, nach­weis­lich noch re­la­tiv „harm­lo­sen“ – je­ner mil­li­o­nen­fa­chen und im all­ge­mei­nen un­ver­gleich­lich bru­ta­le­ren – Pro­zeß­durch­füh­rung der christ­li­chen Re­gie­rungs­ge­walt ab­ge­druckt.






Mit freundlicher Genehmigung des HESSISCHEN LANBOTEN
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